Arkadi und Boris Strugatzki – Picknick am Wegesrand

Picknick am Wegesrand

von Arkadi und Boris Strugatzki


30.04.2021

  • Klassiker
  • ·
  • Phantastik

Der Roman Picknick am Wegesrand der beiden großen russischen Schriftsteller Boris und Arkadi Strugatzki erschien 1972 und gehört nicht zuletzt dank der Verfilmung durch Andrei Tarkowski zu ihren bekanntesten Werken.

Ein ungewöhnlicher Erstkontakt

Die Geschichte spielt in der kanadischen Stadt Harmont, die wie fünf weitere Orte auf der Erde, kurzzeitig von Außerirdischen aufgesucht und wieder verlassen wurde. Innerhalb eines nicht genau definierten Bereiches, der auch Zone genannt wird, fanden sich von da an unzählige Außerirdische Gegenstände, allerdings auch zahllose und unerklärliche Phänomene, die oft tödlich für Menschen sind.

Schnell entwickelt sich die Stadt Harmont zu einem Schmelztiegel von Goldgräber aus aller Welt, die von der Zone profitieren wollen. Sowohl Staat, als auch Industrie haben Interesse an den außerirdischen Technologien und auch ein immer stärker florierender Schwarzmarkt nimmt Einfluss auf diese Stadt. Um dies zu verhindern, wird die Zone überwacht und bei illegalen Betreten droht der Tod oder das Gefängnis. Dennoch gibt es Schmuggler, auch Stalker genannt, die sich aus unterschiedlichsten Gründen den Gefahren aussetzen und die Zone betreten.

Auswirkungen des Besuchs

Einer dieser Stalker ist Roderic Schuchart, aus dessen Perspektive der Leser hauptsächlich die Geschichte sieht. Wir begleiten ihn in den unterschiedlichsten Phasen seines Lebens und erleben die Auswirkungen seiner Tätigkeit auf ihn und sein Umfeld. Roderic ist ein herausragender Stalker, der bei Kollegen und Auftraggebern wegen seiner Umsicht sehr beliebt und erfolgreich ist und es im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen fast ohne körperliche Schäden aus der Zone schafft.

Dennoch nagt sie psychisch an ihm und er verfällt schon früh der Trink- und Spielsucht. Im Laufe der Jahre nehmen seine Probleme jedoch überhand, verschonen weder seine Tochter noch seine Ehe und er muss sein Handeln immer mehr infrage stellen. Gegen Ende des Romans durchläuft er eine Sinnkrise und hinterfragt sich und das Leben im Allgemeinen. Unterbrochen wird seine Perspektive von kleinen wissenschaftlichen oder philosophischen Exkursen, die jedoch in der Minderheit bleiben.

Ein unlösbares Rätsel

Die Ausgangslage von Picknick am Wegesrand ist ein Gedankenspiel der Brüder Strugatzki, bei dem die Frage gestellt wird, welche Auswirkungen ein Besuch von Außerirdischen auf uns Menschen hätte. Zentrale Elemente, die sich durch den ganzen Roman ziehen sind dabei Unwissenheit und Zweifel, wie würden wir reagieren, wenn wir mit dem Unaussprechlichem und Unbegreiflichen konfrontiert würden?

Um dies zu erreichen, bedienen sich die Strugatzki Brüder gleich mehrere Mittel. Die wohl wichtigste ist die Perspektive. Als Leser bleibt man ganz eng am Geschehen. So ist der erste Teil von Roderics Geschichte aus der Ich-Perspektive geschrieben, die anderen Teile aus der Sicht eines personellen Erzählers. Nie erfährt man mehr als die Figur selbst und das ist oftmals nicht viel und wir können uns der Wahrheit nur annähern. Es wird mehr als deutlich, dass der Mensch die Phänomene in der Zone nicht versteht. Die Spannbreite der Interpretationen reicht vom einfachen Picknick einer Alienrasse, die ihren Müll zurückgelassen hat bis hin zu einer Vorbereitung auf die Raumfahrt. Klar ist nur, dass alles unklar ist. Die außerirdischen Technologien werden zwar genutzt, aber niemand versteht die dahinter stehende Technologie.

Lebendige und gleichzeitig zielgerichtete Sprache

Unterstrichen wird das Ganze durch die Wortwahl. Der Aufenthalt der Aliens wird als Besuch bezeichnet, außerirdische Technologien erhalten irdische Namen wie Nullen, Hexensülze, Reif oder Fotoapparat und neue Phänomene werden zur Fliegenklatsche oder zum Fleischwolf. Gleichzeitig erleben wir hautnah das Leben unserer Protagonisten, es wird getrunken, es wird gespielt, sich geprügelt oder geflucht. Heraus kommt dabei keine schöne Schreibe, sondern ein knallharter und durchdachter Stil, der voll und ganz zum gesamten Roman passt.

Langwieriger Veröffentlichungsprozess

Dies führte allerdings auch dazu, dass die Buchform dieses Romans in der Sowjetunion acht Jahre auf ihre Veröffentlichung warten musste. Im staatseigenen Verlag Molodaja gwardija gab es in den 70er Jahren einen Führungs- und Kurswechsel, der darin resultierte, dass die moderne und realistische Sprache der Strugatzkis keinen Anklang mehr fand. Dennoch oder gerade deswegen zählt der Roman heute zu den meistverkauften Werken der beiden Brüder.

Pro/Contra

Pro
  • Interessantes Szenario
  • Lebendige Sprache
Contra
  • Eher Gedankenspiel als Abenteuerroman

Fazit


Picknick am Wegesrand ist ein Klassiker der Science-Fiction Literatur und besticht durch die konsequente Umsetzung des Gedankenspiels in Stil und Handlung. Wer einen reinen Action/Abenteuerroman sucht, könnte hingegen enttäuscht werden, da diese Elemente zwar vorhanden sind, allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen.

autor: Arkadi und Boris Strugatzki

Titel: Picknick am Wegesrand

Seiten: 175

Erscheinungsdatum: 1972

Verlag: Golkonda Verlag

ISBN: 9783942396073

übersetzerin: Aljonna Mockel

illustrator: –

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