Ein grün getöntes japanisches Manga-Buch mit einem illustrierten Cover, auf dem zwei Figuren abgebildet sind, liegt auf einer Holzoberfläche.

Lone Wolf & Cub Master Edition 01

von Kazuo Koike & Gōseki Kojima


13.10.2023

  • Abenteuer
  • ·
  • Fantasy

Der von Kazuo Koike (Autor) und Goseki Kojima (Zeichner) kreierte Samurai-Manga Lone Wolf & Cub (Kozure Okami) zählt zu den Klassikern des Genres. Doch kann diese Reihe heutzutage noch überzeugen?

Kind zu vermieten, Schwert zu vermieten

Einst zählte der Samurai Ogami Itto zu den wichtigsten Männern des feudalen Japans. Als offizieller Henker des Shoguns wurde er im gesamten Reich gleichermaßen gefürchtet und respektiert. Doch eines Tages fällt er einer Intrige des Yagyu-Clans zum Opfer: Er verliert Posten, Ehre und Familie – nur er selbst und sein kleiner Sohn Daigoro können entkommen.

Itto brennt vor Rache und verweigert sogar den Selbstmordbefehl seines Herren. Stattdessen zieht er gemeinsam mit seinem Sohn als Ronin durch das mittelalterliche Japan und verdingt sich als Auftragsmörder. Sein Ziel? Rache an denen zu nehmen, die ihm alles genommen haben…

Einflussreiches Meisterwerk

Als Jugendlicher habe ich Werke wie One Piece regelrecht verschlungen und bin dieser Literaturgattung immer noch zugetan. Oft stehe ich jedoch vor den Regalen meiner Lieblingsbuchhandlung, nur um dann wieder einen Rückzieher zu machen. Zu sehr schrecken mich die minderwertig produzierten Taschenbücher ab, mit denen viele Verlage ihre jugendliche Zielgruppe abspeisen und abzocken.

Bei der vorliegenden Master-Edition von Lone Wolf and Cub kommen zwei Aspekte zusammen, die mich zum Kauf bewegt haben: Zum einen handelt es sich um eine hochwertige Reihe, die in zwölf großformatigen Hardcovern die bisherigen 28 Taschenbuchausgaben ersetzt.

Zum anderen erfreute sich die Reihe seit Beginn ihres Erscheinens einer erstaunlichen Beliebtheit. Ursprünglich zwischen 1970 und 1976 erschienen, fand sie – gerade unter einflussreichen Kreativen auf der ganzen Welt – zahlreiche Anhänger. Frank Miller beispielsweise war ein wesentlicher Faktor für die Übersetzung im angloamerikanischen Raum und zeichnete Cover für westliche Ausgaben. Quentin Tarantino ging sogar so weit, eine Szene aus Kill Bill Vol. 1 einer Mangaszene nachzuempfinden.

Doch wie schlägt sich der Manga?

Auf einer Holzoberfläche liegt ein aufgeschlagenes Buch, das schwarzweiße Manga-Illustrationen einer dynamischen Actionszene zeigt, in der mehrere Charaktere gegeneinander kämpfen.

Episodenhafte Erzählungen

Der Einstieg erweist sich zunächst als holprig. Wir werden mitten in die Handlung geworfen und erhalten nur schrittweise wenige Hintergrundinformationen. Jedes einzelne der insgesamt – nicht chronologisch angeordneten – fünfzehn Kapitel steht für sich. Die einzige Konstante bilden die beiden Hauptfiguren.

Interessante Protagonisten mit Steigerungspotential

Ogami Itto erweist sich als kühler, aber gerechter Krieger. Sein Sohn sorgt hingegen mit seiner kindlichen Naivität für die notwendige Wärme in einer ansonsten unbarmherzigen und kalten Welt. Es handelt sich insgesamt um zwei interessante Charaktere, für die wir uns schnell erwärmen können. Allerdings machen sich die fehlenden Hintergrundinformationen bemerkbar: Es fällt schwer, ihre Handlungen einzuordnen oder in brenzligen Situationen wirklich mitzufiebern. Hier gilt es in den nächsten Bänden das vorhandene Potential auszuschöpfen.

Das restliche Figurenensemble wechselt mit jeder Geschichte. Dies ist schade, da es Koike und Kojima immer wieder gelingt, interessante Figuren einzuführen.

Japan zur Edo-Zeit

Dass wir die genauen Hintergründe (noch) nicht kennen, ist nicht so schlimm, wie man denken mag. Koike gelingt es, die Geschichten so abwechslungsreich zu gestalten, dass wir das eintönige Schema (im Grunde geht es immer um Auftragsmorde) so gut wie gar nicht bemerken.

Zum anderen begeistern die Geschichten gerade uns westliche Leser mit zahlreichen Referenzen zur Edo-Zeit (1603–1868). Bildgewaltig führt uns Kojima durch das feudale Japan und bringt uns diese kulturell auch heute noch populäre Zeit näher. Rudimentäre Kenntnisse der japanischen Kultur reichen in Verbindung mit dem Glossar aus, um die Geschichten genießen zu können.

Bildgewaltiges Meisterwerk

Das Highlight dieses Bandes sind ohne Frage Goseki Kojimas Zeichnungen, die gerade in diesem großen Format ihre volle Wirkung entfalten können. Bezeichnend für ihn ist, dass seine Motive in allen erdenklichen Konstellationen begeistern können.

Auf einer Holzoberfläche liegt ein aufgeschlagenes Comicbuch mit Schwarz-Weiß-Illustrationen, das verschiedene Szenen in einem traditionellen japanischen Setting zeigt.

Mal finden wir eine klassische Bildstruktur vor, dann wiederum folgen seitenübergreifende Motive, die sich nur wenig um Panel-Grenzen scheren. Sowohl die Manga-typischen kargen Strichzeichnungen als auch die detaillierteren Seiten können vollumfänglich überzeugen.

Ruhige Abschnitte wechseln mit dynamischen Kämpfen ab, auf Seiten mit vielen Dialogen folgen ganze Kapitel fast ohne Wortwechsel. Angenehm dabei ist, dass man als Leser nie die Übersicht verliert und der Handlung auch ohne viele Worte folgen kann.

Unser Duo schreckt nicht vor der expliziten Darstellung von Gewalt zurück – so manches Körperteil lernt zu fliegen. Und ganz so keusch sind die Geschichten auch nicht – auch wenn es niemals ins pornographische übergeht. Insgesamt ist die Altersempfehlung von sechzehn Jahren etwas übertrieben. Einem zehnjährigen Leser würde ich den Manga trotzdem nicht in die Hand drücken.

Stellenweise wirkt der Manga sogar (unfreiwillig) makaber, etwa wenn der Vater den Sohn mit dem Kinderwagen durch die Gegend schiebt und dabei seine Feinde niedermetzelt oder wenn der Sohn tatkräftig zum Gewerbe seines Vaters beiträgt.

Was bleibt?

Lone Wolf and Cub zählt nicht ohne Grund zu den Meisterwerken des Manga-Genres. Die Zeichnungen sind brillant und zeugen von wahrer Meisterschaft. Die einzelnen Episoden sind abwechslungsreich gestaltet und befinden sich bereits auf einem hohen Niveau, lassen aber noch Luft nach oben.

Wer sich für Mangas interessiert und den quietschbunten Vertretern nichts abgewinnen kann, der könnte hier fündig werden.

Wirklich eine Master Edition?

Wenn man ein Buch als Master Edition bezeichnet, dann weckt man unweigerlich hohe Erwartungen. Erwartungen, denen dieses Buch aus dem Panini Verlag mehr als gerecht wird.

Wir haben es hier mit einem großformatigen Hardcover zu tun, das in einem einfachen Pappeinband gebunden ist. Immerhin können die Prägungen auf dem Einband begeistern. Die verwendeten Materialien sind durchweg hochwertig. Insbesondere das Papier ist angenehm dick, was bei über sechshundert Seiten aber auch in einem sehr schweren Buch endet. Im Zug sollte dieser Band jedenfalls nicht gelesen werden.

Farblich sind die einzelnen Elemente perfekt aufeinander abgestimmt: Vom Schutzumschlag, über Leseband und Kapitalband bis zum Vorsatz- und Nachsatzpapier ergibt sich ein einheitliches Erscheinungsbild.

Im Anhang finden sich noch ein kurzes Glossar, das die wichtigsten Begrifflichkeiten erläutert, und eine Covergalerie der früheren Einzelbände. Die Übersetzung stammt von John Schmitt-Weigand.

Bibliographie

Mehr Weniger

Pro/Contra

Pro
  • Hochwertige Sammlerausgabe
  • Beeindruckende Zeichnungen
Contra
  • Wenig Hintergrundinformationen

Fazit


Lone Wolf & Cub zählt nicht ohne Grund zu den Meisterwerken der Manga-Literatur und hat in dieser Master Edition ein würdiges Gewand gefunden. Nicht nur für Manga-Fans eine Bereicherung!

autor: Kazuo Koike & Gōseki Kojima

Titel: Lone Wolf & Cub Master Edition 01

Seiten: 680

Erscheinungsdatum: 1970-1976

Verlag: Panini Verlag

ISBN: 9783741627965

Übersetzer: John Schmitt-Weigand

illustrator: Gōseki Kojima

Reihe: Lone Wolf & Cub (1)

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Miss Booleana
07.11.2023 21:03

Hui, ganz schönes Brett von einer Master Edition. Ich kann schon fast fühlen wie schwer sich der anfühlen muss – nur durch die Fotos. Ich habe mir irgendwann mal die Deluxe Edition von Itos „Uzumaki“ geleistet und das ist ein Brett … ich finde eigentlich die großformatigeren Taschenbücher der letzten Jahre recht gut. Also die, die auch gleich Sammelausgaben sind wie die von Naoki Urasawas 20th Century Boys und Monster. Zumindest letztere hat auch ein eher gediegenes Cover.