George Martin Titelbild Game of Thrones

George R.R. Martin und die Folio Society


07.09.2021

  • Schöne Bücher

In der neuen Artikel-Reihe Schöne Bücher möchte ich euch in Zukunft die schönsten Bücher meiner kleinen Sammlung präsentieren. Obwohl ich ein paar Worte zum Inhalt und zur Bedeutung der Autoren verlieren werde, werden die Beiträge keine Rezensionen oder spezifische Artikel sein, sondern sollen in erster Linie die Buchkunst würdigen.

Einleitung

Für meinen ersten Beitrag habe ich mir Das Lied von Eis und Feuer in den Ausgaben der Folio Society ausgesucht. Die Folio Society ist ein altehrwürdiger britischer Verlag, der seit Jahrzehnten Maßstäbe in Sachen Buchgestaltung setzt und auf höchstem Niveau Bücher verlegt. Ob es nun um den Einband, das Papier, die Typographie oder die Illustrationen geht – ich kenne keinen Verlag, der mit so viel Liebe zum Detail Bücher verlegt.

Jedes Buch wird individuell gestaltet und ist so hochwertig produziert, dass es ganze Generationen überdauern kann und die hohen Preise mehr als nur rechtfertigt. Seit einigen Jahren hat sich das Programm der Folio Society erweitert und immer mehr Werke der phantastischen Literatur finden sich im Verlagsprogramm wieder. 2019 entschloss sich der Verlag, das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin mit einer eigenen Ausgabe zu würdigen und hat bislang drei der fünf Bände veröffentlicht.

Das Lied von Eis und Feuer

Das Lied von Eis und Feuer erlangte im letzten Jahrzehnt durch die HBO Serie Game of Thrones eine enorme Popularität. Die Serie verhalf den ohnehin erfolgreichen Romanen zu neuen Höhen, ließ sie dann aber mehr und mehr in den Hintergrund rücken. Wenn man heute über Game of Thrones spricht, dann meint man meist die Serie und nicht die Romane – in meinen Augen ein großer Fehler.

Das Lied von Eis und Feuer besteht aus fünf Romanen, die in Deutschland in zehn Bänden geteilt wurden. Zudem gibt es noch einige Novellen, die ich bereits in einer Rezension besprochen habe. Angelegt ist die Reihe auf insgesamt sieben Bände, allerdings warten die Leser schon seit zehn Jahren auf den sechsten Band The Winds of Winter, dessen Erscheinen immer noch nicht absehbar ist.

Die berühmte Serie folgt in den ersten Staffeln recht nah der Romanhandlung, entfernt sich im weiteren Verlauf dann aber immer mehr von der literarischen Vorlage. Warum sollte man sich nun auf eine Fantasy-Reihe einlassen, deren Ende ungewiss ist?

Viele vergessen, dass das Lied von Eis und Feuer Anfang des Jahrtausends (Der erste Band erschien 1996) als eine der besten Fantasy Reihen aller Zeiten galt und mit Robin Hobbs Weitseher Romanen und Steven Eriksons Spiel der Götter die Speerspitze einer neuen, erwachsenen Fantasy bildete, die dem damals toten Markt neues Leben einhauchte und zur Relevanz verhalf. Mit diesen Romanen legte das Genre den Pulp Charakter ab und der kommerzielle Erfolg öffnete den Weg für viele weitere Autoren.

Ein unterschätztes Genre

Fantasy wird vielerorts immer noch belächelt und als Unterhaltungsliteratur abgestempelt. Die Begriffe Unterhaltungsliteratur, Hochliteratur, ernste Literatur und Konsorten zeugen schon von einer fast schon mitleiderregenden geistigen Engstirnigkeit und Beschränktheit. Das sich literarische Qualität nicht an einem Genre festmachen lässt, sollte jedem Menschen klar sein. Man muss es wohl akzeptieren, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung an veralteten Glaubenssätzen und Überzeugungen festhält, ohne sich ihrer eigenen eskapistischen Haltung bewusst zu sein.

Ich verstehe jeden, der der phantastischen Literatur nichts abgewinnen kann, ich selber habe auch Bereiche der Literatur, mit denen ich mich kaum bis gar nicht beschäftige. Doch nur weil ich Lyrik, Krimis und Thriller so gut wie gar nicht lese, erlaube ich mir nicht abfällig über solche Literaturgattungen und Genres zu sprechen. Schlechte Werke gibt es zuhauf, schlechte Genres nicht.

Was das Lied von Eis und Feuer auszeichnet, möchte ich in wenigen Worten darlegen, eine tiefgreifende Auseinandersetzung würde jeden Rahmen sprengen. Das ist vor allem die enorme erzählerische Breite, die sich in Handlung, Figuren und Motiven niederschlägt und Tolstois Krieg und Frieden wie eine Kurzgeschichte wirken lassen. Meisterhaft verwebt Martin kleine und große Konflikte in eine Welt, die ihre bisherige Ordnung und Stabilität verloren hat und nun verzweifelt nach Halt sucht.

Um der epischen Breite seiner Erzählung gerecht zu werden, verwendet der Autor ein unfassbar großes Arsenal an Figuren, die allesamt mit ihrer Tiefe und Vielschichtigkeit überzeugen können und sich jeglicher Kategorisierung verweigern. Leicht vergisst man auch, was für ein guter Erzähler George R.R. Martin ist, sein Stil ist klar und präzise. Geschickt versteht er es Spannung aufzubauen und mit den Erwartungen des Lesers zu spielen. Jede Zeile zeugt von Perfektion und ich glaube, dass auch das der Grund ist, warum wir Leser so lange auf den sechsten Band warten müssen.

Ähnlich wie Flaubert ist Martin ein hoffnungsloser Perfektionist, der enorm viel Arbeit in seine Werke steckt und sie erst veröffentlicht, wenn sie seinen eigenen Erwartungen entsprechen. Wer Das Lied von Eis und Feuer liest, der liest ein Werk, das in einigen Jahrzehnten in einer Reihe mit Tolstoi, Flaubert und Dickens stehen wird und eigentlich auch jetzt schon stehen sollte.

Die Ausgaben der Folio Society

Kommen wir nun zu den Ausgaben der Folio Society, die 125 Pfund kosten, momentan also rund 150 Euro. Das ist natürlich jede Menge Geld und für die meisten von uns nicht mal eben stemmbar. Doch wenn man die Bücher in den Händen hält, dann weiß man, dass diese Ausgaben jeden Cent wert sind.

Jeder der bisher erschienen Romane wurde aus Gründen der Lesbarkeit in zwei Bände geteilt, die in einem liebevoll gestalteten Schuber stecken. Die Schuber sind außerordentlich stabil und in ihrem Inneren befindet sich ein Bild des Illustrators Jonathan Burton, der auch die Illustrationen der Bücher angefertigt hat. Die Bücher sind etwas größer als die großen Mare-Klassiker und das Gewicht der Bücher macht sich deutlich bemerkbar, zum Lesen auf der Couch ist das Gewicht jedoch akzeptabel.

Der Einband besteht aus hochwertigen blauen Leinen, die glücklicherweise nicht mit Samthandschuhen angefasst werden müssen. Bei vielen Leinen-Einbänden muss man beim Lesen Angst haben, das Material zu beschädigen. Das ist hier nicht der Fall, diese Bücher überstehen ohne Probleme mehrere Umzüge.

Der Autor und der Titel sind am Buchrücken standesgemäß in Gold eingeprägt und auf der Vorderseite der einzelnen Bände finden wir stimmige Motive, die die Handlung der Romane anhand der Wappentiere der Herrscherhäuser nachstellen. Diese sind außerdem mit Highlights im metallic Look verziert und machen ebenfalls einen hochwertigen Eindruck. Der Oberschnitt des Buches ist ein schlichtes Schwarz, Unter- und Vorderschnitt entsprechen dem Papier.

Die stimmige Aufmachung setzt sich im Inneren der Bücher fort und beginnt mit dem dicken Papier und der obligatorischen Fadenheftung und setzt sich in der Typographie und Gestaltung fort. Die verwendete Schriftart Vendetta verleiht den Seiten einen alten Touch und ist dennoch angenehm zu lesen. Die Anfangsbuchstaben der Kapitel sind aufwendig verziert und über jedem Kapitel ist ein dem jeweiligen Protagonisten zugeordnetes Motiv abgedruckt. Im Vor- und Nachsatzpapier finden wir die Wappen der Adelshäuser von Westeros.

Illustrationen sind ja bekanntlich Geschmackssache. Ich selber bin, ohne Jonathan Burton sein Talent absprechen zu wollen, nicht mit allen Illustrationen zufrieden, neben einigen großartigen Bildern gibt es leider auch den einen oder anderen Fehlgriff. Er ist nun mal kein John Howe, aber im Großen und Ganzen überwiegen die guten Bilder und greifen viele Schlüsselszenen der Romane auf.

Im Anhang befindet sich zudem noch eine nach Adelshäusern und Stammbäumen geordnete Liste aller Protagonisten, die sehr hilfreich ist, wenn man bei der Vielzahl der Charaktere mal den Überblick verliert. Lediglich das Fehlen eines Lesebandes trübt das Gesamtbild, ist aber aufgrund der restlichen Ausstattung verschmerzbar.

Fazit


Die Ausgaben der Folio Society zählen zu den schönsten Büchern, die ich in meinem Besitz habe und bieten alles, was sich ein bibliophiler Leser nur wünschen kann. Natürlich ist der Preis hoch, aber es lohnt sich für jeden Fan der Reihe darauf hin zu sparen, solche Bücher überdauern Generationen. Ohne zu übertreiben kann man sagen, dass dies die schönsten Ausgaben der Romane von George R.R. Martin sind und diesen Status wohl auch nie wieder abgeben werden.


Die Bücher in der Folio Society:

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Flo
Flo
18.09.2021 00:09

Rein optisch ein Traum. Da kann es gar keine Diskussion geben, das ist einfach klasse gemacht. Man muss fast neidisch sein, dass es keinen entsprechenden Verlag auf Deutsch gibt. Am ehesten würde noch die Büchergilde rankommen denke ich.

Aber auch der Preis – huiuiui…

Eugen
Eugen
18.09.2021 23:13
Antwort an  Flo

Die Bücher sind wirklich ein Traum und wäre nicht der hohe Preis, dann würden schon längst viel mehr Bücher der Folio Society in meiner Sammlung stehen. Als Vielleser kommt man ja auch mit einem Buch im Monat nicht aus und da muss man sich schon überlegen, ob man diese Summe in ein Buch stecken möchte, dass man schon gelesen hat.

Die Büchergilde kommt da in Einzelfällen wohl nah dran, leider fehlen oft (zumindest nach Beschreibungen auf der Seite) entweder ein Leineneinband oder die Fadenheftung und die sollten in einem bibliophilen Verlag Standard sein. Wenn das nur Fehler bei der Vermarktung sein sollten, dann nehme ich das gerne zurück. Solche Dinge halten zumindest mich oft vom Kauf ab. Schade eigentlich, denn ein deutsches Pendant zur Folio Society würde der ganzen deutschen Literaturszene gut zu Gesicht stehen.

Tobi
04.11.2023 10:14

Lieber Eugen,

die Bücher habe ich auch schon gesehen und man sieht sofort, wie wunderschön sie sind. Mittlerweile kosten sie 180 Euro, dazu kommt noch Versand und vermutlich noch Zoll, weil sie aus UK kommen. Das sind dann an die 1000 Euros für alle Bücher, das ist mir dann doch zu heftig. Ich kann aber voll verstehen, dass Dir die Bücher jeden Cent wert sind. Da liest man ewig dahin und so ein Buch in Händen zu halten ist ein unvergleichliches Vergnügen.

George R.R. Martins Lied von Eis und Feuer habe ich damals gelesen, bevor es die Serie gab und die Bücher eher unbekannt waren. Damals gab es im Deutschen die ersten 6 Bände (also im Original die ersten drei Bücher). Eigentlich lese ich Fantasyserien nur, wenn auch das letzte Buch erschienen ist, aber ich vermute, da müsste ich bei diesen Büchern ewig warten. Vom Penhaligon Verlag gibt es die Bücher auch als gebundene, ganz schöne Ausgabe im Deutschen. Ich würde wahrscheinlich zu der Ausgabe tendieren, die natürlich nicht im Ansatz an diese prächtige Ausstattung heran kommt. Aber das ist natürlich auch immer die Frage, wie wichtig einem selbst ein Buch ist. Von Tad Williams Osten Ard Reihe würde ich mir solche Bücher sofort kaufen, auch um den Preis.

Ein sehr schöner Beitrag auf jeden Fall mit wirklich schönen Bildern.

Liebe Grüße
Tobi