Ein Buch mit dem Titel „Fritz Leiber – Das Meeresthriller“ mit einer Fantasy-Coverillustration, die zwei Figuren zeigt, die zwischen Totenköpfen und Knochen stehen, die auf einer Holzoberfläche platziert sind.

Das Meerweib

von Fritz Leiber


06.05.2022

  • Fantasy

Mit Das Meerweib endet die vierbändige Gesamtausgabe um Fritz Leibers Duo Fafhrd und der Graue Mausling. Gelingt Fritz Leiber ein würdiger Abschluss?

Die Reise endet …

Nach einer kurzen Einleitung von Gisbert Haefs landen wir mit Meeresmagie dort, wo Der Traurige Henker aufgehört hat: Auf den rauen Eislanden. Nach den Ereignissen der letzten Geschichten versucht sich Fafhrd immer noch an ein Leben ohne seine linke Hand zu gewöhnen, was ihn natürlich nicht davor bewahrt, ins Visier fremder Mächte zu gelangen. Das Meerweib stellt den Grauen Mausling in den Mittelpunkt des Geschehens. Als Kapitän eines Handelsschiffes sticht er nach erfolgreicher Verrichtung seines Auftrages wieder in See Richtung Eislande. Dabei entdeckt er eine blinde Passagierin, die ihn nicht nur durch ihre Schönheit beeinflusst.

In Der Fluch des Banalen und der Sterne geraten unsere Helden mal wieder in den Fokus dreier altbekannter Götter, die sie zurück nach Lankhmar schicken wollen. Kurzerhand belegen sie beide mit einem tückischen Fluch. Während sich der graue Mausling plötzlich für Krimskrams interessiert, hat Fafhrd nur noch den Sternenhimmel im Kopf. Alles halb so schlimm, wären da nicht zwei Auftragsmörder Richtung Eislande unterwegs.

Mit Der Mausling in der Unterwelt enden die Abenteuer der beiden Helden. Der Mausling gerät in die Fänge der kleinen Schwester des Todes. Sie zieht ihn im wahrsten Sinne des Wortes unter die Erde und während der Mausling durch halb Newhon wandert, arbeiten seine Freunde fieberhaft daran, ihn zu befreien.

Schon vor der ersten Geschichte löste dieser Band bei mir gemischte Gefühle aus. Einerseits freute ich mich auf weitere spannende und humorvolle Abenteuer des Duos, die mich auf hunderten Seiten bestens unterhalten haben. Andererseits endet der Zyklus zwangsläufig mit diesem Band. Soll es das etwa schon gewesen sein? Jahrelang zögerte ich die Lektüre hinaus und nun soll es so schnell vorbei sein?

Über Leibers schriftstellerische Fähigkeiten, seinen unvergleichlichen Humor und die überragenden Protagonisten habe ich in den letzten Rezensionen bereits genug Worte verloren, daher verweise ich dafür auf die entsprechenden Beiträge.

Unsere Helden werden alt

Seit den ersten Abenteuern in Der unheilige Gral sind Jahrzehnte vergangen und was sich bereits im dritten Band abgezeichnet hat, wird in Das Meerweib deutlich: Das Alter macht auch vor unserem Helden-Gespann nicht halt und die zahlreichen Abenteuer und Kämpfe haben beide nicht nur körperlich gezeichnet. Sie sind keine Jungspunde mehr, die für ein Abenteuer ganze Kontinente oder sogar Welten durchwandern, sondern suchen zumindest ein Stück weit Beständigkeit und Ruhe in ihrem Leben. Sie haben einen festen Wohnsitz, führen halbwegs verbindliche Beziehungen und schlagen sich mit den Problemen des Alterns herum. Besonders humorvoll verarbeitet Leiber diese Entwicklung in Der Fluch des Banalen und der Sterne, in der er beide durch eine Mischung aus Midlife-Crisis und Senilität schickt.

Ich muss gestehen, dass mich diese Entwicklung ein wenig überrascht hat. Ich habe diese Reihe letztes Jahr ohne echtes Hintergrundwissen begonnen und dachte, dass die Zeit stillstehen würde und nur die Szenarien wechseln würden. Schon im ersten Band erwiesen sich meine Gedanken als haltlos. Diese Entwicklungen werden nun konsequent zu Ende gedacht, was durchaus auch auf Kosten der Geschichten geht. Es ist nicht so, dass wir es plötzlich mit behäbigen Rentnern zu tun hätten, die gar keine Abenteuerlust mehr verspüren. Abenteuer gibt es auch auf den Eislanden zuhauf. Aber diese stehen nicht mehr ganz so im Fokus wie in den Bänden zuvor.

Ein langer Abschied

Stattdessen fühlt sich der gesamte Band wie ein einziger langer Abschied von unseren Helden an. Und offenbar fällt es dem Autor genauso schwer, Abschied zu nehmen, wie dem Leser. Von Geschichte zu Geschichte merkt man nicht nur aufgrund der steigenden Seitenzahl, dass es zu Ende geht. Alte Charaktere tauchen (wenn auch nur in Gedanken) auf, Newhon als Ganzes wird noch einmal durchwandert und Leiber sucht einen würdigen Abschluss.

Das geht insbesondere zu Lasten eines wirklichen Spannungsbogens und auch die erotischen Fantasien in der letzten Geschichte hätte sich Leiber sparen können. Doch letztlich findet er einen Weg, unsere beiden Helden zu entlassen und – so viel sei gesagt – das ist ihm mehr als nur gelungen. So und nicht anders verabschiedet man verdiente Helden. Da verzeiht man dem Autor gerne, dass die Geschichten sonst an der einen oder anderen Stelle schwächeln.

Abschließend kommt man nicht umhin festzustellen, dass in Das Meerweib die wohl schwächsten Geschichten der vierbändigen Gesamtausgabe versammelt sind. Das ist für Fans des Duos aber auch nicht weiter schlimm, da es Leiber dennoch schafft, unseren beiden Helden einen würdigen Abschied zu verschaffen. Wer die ersten drei Bände mochte, wird also trotz allem mit diesem Band zufrieden sein. Wer sich allerdings nie wirklich mit Fafhrd und dem Grauen Mausling anfreunden konnte, den wird auch dieser Band nicht umstimmen.

Reichlich Zusatzmaterial

Wie schon die anderen Bände erschien auch Das Meerweib in der Edition Phantasia im Paperback. Es handelt sich um ein recht hochwertiges Paperback, mit allen Vor- und Nachteilen dieses Formats. Den Anhang muss ich dieses Mal besonders loben. Während die anderen Bände mit Zusatzmaterial geizten, finden wir hier gleich drei Essays. Mein Leben und Werk stammt von Fritz Leiber höchstpersönlich und gewährt dem Leser, wie der Titel schon vermuten lässt, erstaunlich offene Einblicke in Leibers Leben und Werk.

In Wie Pech und Schwefel berichtet der Lektor Jens Schumacher von seiner Verbindung zu beiden Protagonisten und macht dabei deutlich, was die Faszination dieses Duos ausmacht. Der letzte Essay Proletarier im Fantasy-Land stammt vom Verleger und Übersetzer Joachim Körber und zeigt noch einmal den Einfluss dieses Werkes auf das Genre der Fantasy, insbesondere im direkten Vergleich mit dem Herrn der Ringe, auf. Im Anschluss finden wir noch eine umfangreiche Bibliographie aller Geschichten, mitsamt aller deutschsprachigen Veröffentlichungen, Titel und Übersetzer.

Bibliographie

Mehr Weniger

Pro/Contra

Pro
  • Leiber entwickelt seine Protagonisten bis zum Schluss weiter
  • würdiger Abschluss der Reihe
  • Leibers “klassischer” Erzählstil
  • umfangreicher Anhang
Contra
  • insgesamt die schwächsten Geschichten der Reihe
  • Leibers “klassischer” Erzählstil kann Ungeübten anfangs Probleme bereiten

Fazit


Das Meerweib von Fritz Leiber erreicht nicht das Niveau der vorherigen drei Bände, bringt aber den Zyklus zu einem runden Abschluss. Wer die anderen drei Bände mochte, kommt an diesem Band nicht vorbei.

autor: Fritz Leiber

Titel: Das Meerweib

Seiten: 333

Erscheinungsdatum: 1998

Verlag: Edition Phantasia

ISBN: 9783937897219

übersetzer: Joachim Körber

illustrator: –

Reihe: Fafhrd und der Graue Mausling (4)

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