Auf einer Holzunterlage liegt ein rotes Buch mit dem Titel „Mark Twain: Meine geheime Autobiographie“.

Meine geheime Autobiographie

von Mark Twain


11.06.2021

  • Klassiker

Mark Twain gehört für mich zu den größten Schriftstellern, die unser Planet je hervorgebracht hat, insbesondere seine zwei Romane Tom Sawyer und Huckleberry Finn gehören zu den wenigen Romanen, die ich immer wieder lese und mich dazu bewegen, Texte wie Meine geheime Autobiographie zu lesen.

Die Autobiographie eines Genies

Bislang kannte ich Mark Twain nur als Autor von humorvollen Romanen und Kurzgeschichten, die mich – bis auf wenige Ausnahmen – allesamt begeistern konnten. Mark Twain schreibt mit scharfem Verstand und viel Humor Geschichten, die den Lauf der Zeit überstehen und immer wieder aufs Neue begeistern können. Auch als Autor von Reiseberichten hatte er nachhaltigen Erfolg: In diesem Frühjahr brachte beispielsweise der Mare Verlag in seiner renommierten Klassiker Reihe Unterwegs mit den Arglosen heraus, eine seiner ersten Veröffentlichungen überhaupt.

Aus unerfindlichen Gründen habe ich um seine Autobiographie bisher immer einen großen Bogen gemacht, doch nachdem ich für einen günstigen Preis die Leinenausgabe erstehen konnte, gab es keine Ausreden mehr für mich.

Ein langwieriges Projekt

Schon seit seinem zweiundvierzigsten Lebensjahr unternahm Twain immer wieder sporadische Versuche, eine Autobiographie zu schreiben, wie zahlreiche Briefe und Dokumente belegen. In den nächsten Jahrzehnten blieb es allerdings bei diesen Versuchen, schon nach kurzer Zeit verlor er das Interesse und wandte sich anderen Projekten zu. Erst als er sich dazu entschied, das lineare Erzählen durch freie Gedankensprünge und einer Tagebuch-Beimischung zu ersetzen, kam es zu nennenswerten Fortschritten.

Falsche Entscheidungen der Verleger

Die Ausgabe des Aufbau Verlages folgt dabei der Ausgabe der University of California Press und die bedeutet in erster Linie Chaos. Da es keine vom Autor autorisierte Reihenfolge seiner Texte gibt und unterschiedlich strukturiertes Material aus mehreren Jahrzehnten vorliegt, ist es nicht möglich, die Texte in eine richtige Reihenfolge zu bringen. Die Herausgeber der Biographie waren dennoch bestrebt, eine Ausgabe vorzulegen, die möglichst genau Twains (nicht bekannten) Vorstellungen entsprachen. Damit wollte man wohl dem Autor gerecht werden, erweist dem Leser aber einen Bärendienst. Das Buch strotzt nur vor Dopplungen und Ausschweifungen, die an der Grenze zum Überflüssigen stehen.

Mark Twain ist ein großartiger Erzähler

Wenn man aber bereit ist, über diese editorischen Fehler hinwegzusehen, dann erkennt man hinter diesen Ausschweifungen das Werk eines großen Erzählers. Natürlich kommt Twain dabei oft ins Plaudern, seine Erzählungen umspannen dabei Jahrzehnte, zwischen denen er munter hin und her wechselt. Die Themen könnten unterschiedlicher nicht sein, mal geht es um seine Bücher oder seine verlegerischen Tätigkeiten, seine politischen Aktivitäten, sein Investoren Dasein, um seine Reisen oder auch um seine Familie.

Nicht immer gehen diese Geschichten gut aus, Twain musste in seinem Leben schon zahlreiche Schicksalsschläge erdulden. Seinen Humor hat er sich dennoch immer bewahrt oder viel mehr bewahren müssen und so lauscht man gerne seinen Erzählungen. Er spart dabei nicht mit Kritik an seinen Zeitgenossen und teilt hart aus. Nicht umsonst verfügte er, dass die vollständige Biographie erst hundert Jahre nach seinem Tod erscheinen durfte – so konnte er ohne Einschränkungen und falsche Nachsicht schreiben.

Keine klassische Autobiographie

Vor dem Lesen sollte man sich klar machen, dass dieses Buch keine klassische Autobiographie ist. Sie ist in dieser Form nicht von Mark Twain abgesegnet und folgt auch nicht seinem Leben von A nach B, sondern springt hin und her. Und ob die behandelten Themen von Interesse sind, muss wohl jeder selbst entscheiden, zu vielfältig ist das Themenspektrum des Ersten von drei dicken Büchern.

Schöne Leinenausgabe, billiges Taschenbuch

Die geheime Autobiographie ist in Leinen gebunden, hat zwei Lesebändchen und hochwertiges Papier. Dem schönen Hauptband wird noch ein recht billig hergestelltes Taschenbuch zur Seite gestellt, dass ein aufschlussreiches Vorwort zur Entstehungsgeschichte und einige Faksimiles enthält. Die Anmerkungen umfassen mehrere Hundert eng bedruckte Seiten und sind vor allem für die Leser gedacht, die sich umfangreich mit Mark Twain auseinandersetzen wollen, zum bloßen Verstehen der Texte sind sie nicht nötig.

Pro/Contra

Pro
  • Es gibt wohl kaum einen besseren Geschichtenerzähler als Mark Twain
  • Schonungsloser Umgang mit seinen Zeitgenossen
Contra
  • Unstrukturierter Aufbau voller Dopplungen
  • Nur für Fans geeignet

Fazit


Die geheime Autobiographie richtet sich ganz klar an Twain interessierte Leser. Für mich als Fan hat sich der Kauf gelohnt, da die erzählerischen Fähigkeiten des Autors den unstrukturierten Aufbau mehr als nur aufwiegen. Leser, die eine klassische Autobiographie erwarten, könnten hingegen enttäuscht werden.

autor: Mark Twain

Titel: Meine geheime Autobiographie

Seiten: 724+397

Erscheinungsdatum: 2012

Verlag: Aufbau Verlag

ISBN: 9783351035136

übersetzer: Hans Christian Oeser

illustratorIn: –

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