Auf einer Holzplatte liegt das Buch „Der unheilige Gral“ von Fritz Leiber. Auf dem Cover sind Figuren in einer dynamischen Fantasy-Szene abgebildet.

Der unheilige Gral

von Fritz Leiber


01.10.2021

  • Fantasy
  • ·
  • Phantastik

Fritz Leiber gehört zu den Urvätern der phantastischen Literatur und prägt bis heute das Genre. Anfang dieses Jahrhunderts veröffentlichte die Edition Phantasia eine vierbändige Gesamtausgabe seiner bekanntesten Helden, den Dieben Fafhrd und dem grauen Mausling, deren ersten Teil Der unheilige Gral ich hier besprechen werde.

Zwei ungleiche Diebe als Helden

Die Kurzgeschichten spielen in der mittelalterlich anmutenden Welt Newhon und zunächst begegnen wir unseren beiden Protagonisten getrennt voneinander. In Die Schneefrauen lernen wir den hünenhaften Nordmann Fafhrd (gesprochen Faf-ferd) kennen, der in einem Stamm lebt, dessen beschränkte und eingefahrene Lebensweise ihn zunehmend einengt. Zusammen mit einer Schauspielerin plant er die Flucht nach Lankhmar, der größten Stadt Newhons und Schmelztiegel unterschiedlichster Kulturen und Klassen. Dem Zauberlehrling Maus begegnen wir erstmals in Der unheilige Gral. In seinem ersten Auftritt wird er Opfer eines grausamen Verrats, der ihn schließlich zum grauen Mausling macht.

Auch ihn zieht es auf seiner Flucht nach Lankhmar und das Aufeinandertreffen der beiden wird in Eine Schicksalhafte Begegnung in Lankhmar geschildert. Dort schmiedet ein schwerer Schicksalsschlag beide zusammen. Fortan erleben sie als Räuber und Ganoven mehr oder weniger erfolgreiche Abenteuer und geraten in allerlei brenzlige Situationen. In Der Preis des Vergessens treffen beide schließlich auf ihre künftigen Lehrmeister, die Zauberer Schilba und Ningaubel Siebenaug und werden von ihnen auf kuriose und gefährliche Missionen geschickt.

Die große Depression als Ursprung

Fritz Leiber ist der Sohn des gleichnamigen Theater- und Filmschauspielers und genoss eine klassische Erziehung, die auch Kenntnisse klassischer Literatur mit einschloss, und dies spiegelt sich in seinen Geschichten wider. Ursprünglich war Leiber dabei gar nicht im phantastischen Genre verwurzelt, doch seine angespannte finanzielle Situation durch die große Depression in Amerika zwang ihn dazu, Geschichten in Pulp Magazinen zu veröffentlichen. Aus dieser Zweckbeziehung wurde eine Liebe, die ein Leben lang anhalten sollte. Er besitzt ein enorm vielfältiges erzählerisches Repertoire und wechselt mühelos zwischen unterhaltsamen Dialogen, wunderschönen Landschaftsbeschreibungen und packenden Kampfszenen, bei denen ihm seine eigenen Erfahrungen als Fechter sicherlich nicht geschadet haben.

Mit Witz und Verstand

Die Geschichten um die beiden Ganoven leben dabei vor allem vom schwarzen Humor und der hohen Kunst, sich selber nicht ernst zu nehmen. Ihre Abenteuer waren als Gegenentwurf zu übermächtigen Helden wie Robert E. Howards Conan gedacht und so bestehen Sie die meisten ihrer Abenteuer und Raubzüge weniger mit roher Gewalt als viel mehr mit einer ordentlichen Portion Witz und Glück.

Entgegen meiner Erwartungen kommt es im Laufe der Handlung auch zu einer Entwicklung der Charaktere. Zu Beginn sind beide noch etwas naive Heranwachsende, doch im Laufe der Jahre werden sie zu Schicksals- und Kampferprobten Männern, die sich trotz ihrer Berufung als Diebe immer noch ein Stück Ehrgefühl und Würde bewahrt haben. Es ist einfach sehr erfrischend, zwei Protagonisten zu begegnen, die nicht wahllos morden und genauso oft verlieren wie gewinnen, aber dennoch ihre Lebensfreude nicht verlieren.

Vom Autor selbst zusammengestellt

Die Zusammenstellung der Geschichten erfolgte in den Achtzigerjahren durch Leiber selbst, geschrieben wurden die meisten allerdings bereits in den 30er und 40er Jahren. Gerade die gemeinsamen Abenteuer der beiden Helden bieten wirklich gute Unterhaltung und rechtfertigen den Kauf dieser Sammlung. Leiber schrieb für die Gesamtausgabe noch einige Verbindungsgeschichten, die dem Leser zwar die Orientierung erleichtern, die über den Zweck der Orientierung hinaus aber keinerlei Mehrwert bieten. Viele dieser Verbindungsgeschichten beginnen verheißungsvoll, enden dann aber recht abrupt oder beschreiben die Reise von einem Ort zum anderen, ohne das etwas Nennenswertes passiert.

Die Ausgabe der Edition Phantasia

Die Übersetzung von Joachim Körber liest sich insgesamt sehr rund und angenehm, ab und zu finden sich jedoch einige atmosphärisch fragwürdige Wörter wie etwa holterdiepolter. Diese halten sich jedoch glücklicherweise in Grenzen und trüben den Lesefluss nicht zu sehr.

Das Buch erschien als Paperback in der altehrwürdigen Edition Phantasia und macht einen stabilen Eindruck. Diverse Bewertungen im Internet weisen auf herausfallende Seiten hin, das ist zumindest in meiner Ausgabe nicht der Fall gewesen. Das großartige Titelbild gestaltete Lars Nestler und auch die Farbverteilung wirkt deutlich schöner als auf den im Internet kursierenden Bildern. Abgerundet werden die Geschichten von mehreren Vorworten des Autors selber und einer informativen Einleitung von Michael Moorcock sowie einer Übersicht der bisher veröffentlichten Geschichten.

Bibliographie

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Pro/Contra

Pro
  • Sympathisches Helden-Duo
  • Leibers “klassischer” Erzählstil
  • Humor und Abenteuer richtig dosiert
Contra
  • Leibers “klassischer” Erzählstil kann Ungeübten anfangs Probleme bereiten
  • Die „Verbindungsgeschichten“

Fazit


Der unheilige Gral ist ein spannender Einstieg in die Welt Leibers und bietet gute Unterhaltung auf hohem Niveau, hat jedoch wie so ziemlich jede Kurzgeschichtensammlung auch ihre Tiefen. Die Geschichten überzeugen durch die richtige Mischung aus Spannung, Liebe und vor allem viel schwarzem Humor. Mich konnte der erste Sammelband insgesamt überzeugen und ich bin auf weitere Abenteuer der beiden sympathischen Ganoven gespannt.

autor: Fritz Leiber

Titel: Der unheilige Gral

Seiten: 392

Erscheinungsdatum: 1995

Verlag: Edition Phantasia

ISBN: 9783937897003

übersetzer: Joachim Körber

illustrator: –

Reihe: Fafhrd und der Graue Mausling (1)

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