Ein Buch mit dem Titel „Die Sirenen des Titan“ von Kurt Vonnegut, mit einem violetten Einband und der Abbildung einer Person und eines Planeten mit Ringen, liegt auf einer Holzoberfläche.

Die Sirenen des Titan

von Kurt Vonnegut


04.05.2023

  • Klassiker
  • ·
  • Phantastik

Die Sirenen des Titan erschien als zweite Romanveröffentlichung des Schriftstellers Kurt Vonnegut und gilt als Wegbereiter seiner späteren Werke. Zurecht?

Reise wider Willen

Einst zählte Malachi Constant zu den mächtigsten Männern der Welt: Als Erbe des weltweit wohlhabendsten Menschen besaß er die Möglichkeit, alles zu kaufen, was er wollte. Und nutzte dies gebührend aus.

Das sollte sich nach einer Begegnung mit dem Milliardär Winston Niles Rumfoord ändern: Dieser wurde infolge eines transzedenten Ereignisses zu einem übernatürlichen Wesen. Und lebt seitdem an verschiedenen Orten und in verschiedenen Zeitzonen zugleich.

Rumfoord prophezeit Constant ein Leben als rastloser Wanderer mit Stationen auf dem Mars, dem Merkur und dem Titan. Doch warum sollte der vermögendste Mann der Erde seinen verschwenderischen Lebensstil aufgeben? Dann fallen die Börsenkurse und Constant sieht sich einer Klage ausgesetzt, die ihn sein gesamtes Vermögen kostet. Kann er seinem Schicksal entkommen oder ist er nur Spielball größerer Mächte?

Klassiker des Genres

Vonnegut, dessen Familie deutsche Wurzeln hat, meldete sich 1943 freiwillig für den Zweiten Weltkrieg. Dort geriet er in Kriegsgefangenschaft und erlebte unter anderem die Luftangriffe auf Dresden. Diese Erlebnisse waren einige Jahre später Gegenstand und Grundlage seines berühmten Romans Schlachthof 5.

Nach seiner Rückkehr sollte es nicht lange dauern, bis er sich als Schriftsteller versuchte. Die Sirenen des Titan waren 1959 seine zweite Romanveröffentlichung. Doch erst der Erfolg von Schlachthof 5 (1969) legte den Grundstein für seinen späteren Weltruhm. Gleichwohl erfreut sich dieser Band nach wie vor großer Beliebtheit.

Die Lektüre eines Vonnegut-Werks stellt häufig eine polarisierende Erfahrung dar. Und geht oft mit einer Erwartung einher, die nicht erfüllt werden kann. Schließlich steht der Name auf der Ebene mit Größen wie Lem, Strugatzki oder Asimov. Doch was erwartet uns in diesem Werk?

Komplexe Botschaften – einfache Sprache

Handwerklich pflegt Vonnegut einen schlichten und beinahe minimalistischen Schreibstil, der an Hemingway erinnert. Seine spitzen Bemerkungen stehen in der Tradition eines Mark Twain. Und so manche Leserin wird an Douglas Adams denken, der sich stark von Vonneguts Werken inspirieren ließ.

Mit einem erstaunlich nüchternen Tonfall beschreibt Vonnegut Hinrichtungen, Kriege, Morde, Vergewaltigungen oder Gewalt in jeglicher Form und bringt den Leser gleichzeitig mit seinem schwarzen Humor immer wieder zum Lachen. Gerade die nüchternen Beschreibungen von Gewalt erinnern in gewisser Hinsicht an Erich Maria Remarque. Dieser wählte eine ähnlich journalistische Herangehensweise, um die Schrecken seiner Kriegserfahrungen zu verarbeiten.

Der Plot und die wechselnden Hauptfiguren spielen ohnehin nur eine Nebenrolle. Viel wichtiger sind übergreifende Aspekte: die Möglichkeit des freien Willens, der Einfluss religiöser Gruppierungen oder auch Führerkulte. Dass angesichts der Kürze des Romans nicht an jeder Stelle tiefgreifende Auseinandersetzungen warten, dürfte auf der Hand liegen.

Den entscheidenden Gedanken gibt Vonnegut bereits auf der ersten Seite an: „Heutzutage weiß jeder, wie man den Sinn des Lebens in sich selbst findet. Aber dieses Glück war der Menschheit nicht immer beschieden (…)“. Und mehr braucht man auch nicht, um den Roman zu verstehen. Vonnegut muss seine Botschaften nicht hinter Fassaden verstecken. Wie so oft bieten die einfachsten Botschaften die größte Tiefe – und das ist auch gut so.

Was bleibt?

Die Lektüre von Die Sirenen des Titan von Kurt Vonnegut stellt eine interessante Erfahrung dar. Eine klare Prosa trifft auf vermeintlich einfache Botschaften – möglicherweise der einzig richtige Weg, mit komplexen Themen umzugehen.

Handelsübliches Paperback

Die Neuausgabe aus dem Hause Heyne bietet genau das, was man von einem Paperback erwartet. Die verwendeten Materialien sind in Ordnung, lösen aber keine bibliophilen Freudensprünge aus. Das Cover und die gesamte Farbgestaltung machen neugierig auf den Inhalt des Buches und erfüllen damit ihre Aufgabe.

Mit Denis Scheck hat der einzige ernst zu nehmende deutsche Fernsehkritiker ein Vorwort verfasst. Die Übersetzung stammt von Harry Rowohlt (1979) und wurde anlässlich der Neuausgabe überarbeitet. Der Umfang der Bearbeitung ist leider nicht ersichtlich.

Pro/Contra

Pro
  • Einfache und klare Sprache
  • Vielfältige Themen
Contra
  • Keine komplexen Ausarbeitungen

Fazit


Kurt Vonneguts Die Sirenen des Titan stellen mit der entsprechenden Herangehensweise eine lohnenswerte Leseerfahrung dar! Wer Hemingway, Remarque, Twain und der Science-Fiction etwas abgewinnen kann, wird mit diesem Band seine Freude haben.

autor: Kurt Vonnegut

Titel: Die Sirenen des Titan

Seiten: 351

Erscheinungsdatum: 1959

Verlag: Heyne Verlag

ISBN: 9783453322585

Übersetzer: Harry Rowohlt

illustratoren: –

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt

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