Auf einer Holzfläche liegt ein Buch mit dem Titel „Alfa und die Hexe“ von Dana White Rons. Auf dem Cover ist ein Kind abgebildet, das einen grün leuchtenden Gegenstand mit mystischem Hintergrund hält.

Aya und die Hexe

von Diana Wynne Jones


14.06.2024

  • Phantastik

Kurz vor ihrem Tod vollendete die britische Schriftstellerin Diana Wynne Jones im Jahre 2011 mit Aya und die Hexe ihr letztes Werk. Handelt es sich dabei um einen würdigen Abschluss?

Hexe wider Willen

Die Waise Aya hat es sich im St. Morwald Waisenhaus herrschaftlich eingerichtet: Sowohl das Personal als auch die anderen Waisenkinder tanzen nach ihrer Pfeife und lesen ihr jeden Wunsch von den Lippen ab. Nur die lästigen Adoptionsversuche nerviger Erwachsener stellen sich ihrem Glück ab und an entgegen – doch Aya weiß genau, wie sie diese abwimmeln kann.

Doch dann tauchen eines Tages die Hexe Bella Yaga und der geheimnisvolle Mandrakus auf und adoptieren sie allen Widrigkeiten zum Trotz. So weit so ärgerlich. Doch dann soll Aya noch in ihrem geheimnisvollen und verzauberten Haus als Aushilfe fungieren – der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Mithilfe einer sprechenden Katze und einem Zauberbuch von zweifelhaftem Ruf schmiedet sie einen Plan, um die Kontrolle im Hexenhaus an sich zu reißen …

Ihr letztes Werk

Dianna Wynne Jones bedarf wohl keiner größeren Vorstellung, gehören ihre Werke (u.a. die Howl-Reihe, Fauler Zauber, Tom Lynn) und die dazugehörigen Verfilmungen (allen voran die Ghibli-Verfilmung Das wandelnde Schloss) doch längst zum Kultur-Kanon des 21. Jahrhunderts.

2011 verlor sie ihren Kampf gegen den Krebs und so blieb Aya und die Hexe ihr letztes vollendetes Werk (The Islands of Chaldea wurde von ihrer Schwester zu Ende geschrieben). Und irgendwie passt es in ihr Schaffen, das es sich dabei um ein Kinderbuch handelt – oder etwa doch nicht?

Kurzweiliges Märchen

Stilistisch handelt es sich zunächst um eine typische Kinderbuchgeschichte: Durch die Erzählung geleitet uns ein allwissender Erzähler, der das Geschehen immer wieder mit Witz und Ironie kommentiert, zwischendurch vorgreift und generell viele Andeutungen streut.

Das Erzähltempo ist dabei durchgehend hoch. Das liegt zum einen daran, dass die Handlung von Anfang an recht geradlinig abgearbeitet wird. Jones vermeidet es, Nebenschauplätze zu eröffnen. Stattdessen trägt jeder Satz zum Geschehen bei, sodass wir ohne viele Umwege und ohne Langeweile zur Auflösung geführt werden.

Lebendige Dialoge

Dazu tragen auch die sehr lebendigen und unterhaltsamen Dialoge bei, die vor Witz und Einfallsreichtum nur so sprühen und der Leserin immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Verstärkt wird dieser Effekt durch viele kleine Twists, die mit der Erwartungshaltung des Lesers spielen: Ein Waisenhaus als Paradies für Kinder; eine Hexe als Hausfrau; ein Dämon als belesener Gentlemen etc.

Die Geschichte ist dabei viel zu kurz, um die Charaktere richtig kennen zu lernen, und oftmals ist der erste Eindruck auch der einzige Eindruck. Und das ist tatsächlich auch gut so. Zum einen erwartet man in einem Kinderbuch keine ausgefeilten Charakterstudien, zum anderen bewegt sich so mancher Charakter haarscharf an der Grenze des Sympathischen – aber das ist ja oftmals nur eine Frage des Geschmacks.

Nicht alles glänzt …

Dennoch handelt es sich um kein perfektes Werk und in vielen Aspekten spielte sicherlich auch Jones Erkrankung hinein: Nicht jede aufgeworfene Frage wurde zufriedenstellend beantwortet (Wo ist Ayas Mutter?) und über andere Aspekte darf man nicht allzu genau nachdenken – aber dies gilt wohl für jedes primär an Kinder gerichtete Buch.

Wunderschöne Illustrationen

Ein Highlight dieses Büchleins stellen die kindgerechten Zeichnungen von Miho Satake dar, die sich nahtlos in den Text integrieren und ihn stellenweise sogar ergänzen oder fortführen. Satake kann dabei insbesondere durch Vielfalt glänzen. Mal handelt es sich um Schwarz-weiß Zeichnungen, mal um Farbzeichnungen.

Mal haben wir es mit sehr detaillierten Motiven zu tun, mal mit beinahe schon verwaschenen aquarellartigen Bildern. Stellenweise sind ihre Motive dabei im Text integriert, dann wiederum finden wir auch doppelseitige Motive.

Was bleibt?

Aya und die Hexe von Diana Wynne Jones richtet sich dem Äußeren nach primär an Kinder, kann aber ebenso gut von Erwachsenen gelesen werden, die Witz, Humor und Fantasie noch nicht verloren haben.

Die recht kurzweilige Geschichte überzeugt durch einen stringent abgearbeiteten und märchenhaften Plot, ein hohes Erzähltempo, viel Humor, unterhaltsame Dialoge und wirklich schöne Zeichnungen. Dass dabei nicht jeder Gedanke zur vollsten Zufriedenheit zu Ende geführt wurde, kann dabei nicht verleugnet werden, wirkt sich aber nicht entscheidend auf das Gesamtwerk aus.

Kindgerechtes Hardcover

Rein äußerlich handelt es sich um ein liebevoll gestaltetes kleines Hardcover aus dem Knaur Verlag. Der stabile Pappeinband glänzt dabei im wahrsten Sinne des Wortes mit einigen Folieneffekten und lässt das schmale Büchlein schon beim ersten Anfassen sehr hochwertig wirken. Das Vorsatz- bzw. Nachsatzpapier wurde – etwas lieblos einfarbig – aber thematisch passend in Giftgrün gestaltet. Eine Farbwahl, die auch im Kapitalband fortgesetzt wurde. Auf ein Leseband müssen wir leider verzichten.

Im Inneren weisen die fadengehefteten einzelnen Seiten eine ausreichende Dicke auf, um die – wie bereits erwähnt großartigen – Zeichnungen zur Geltung kommen zu lassen, ohne dass der Gesamteindruck durch ein etwaiges Durchschimmern getrübt wird. Ein weiterer angenehmer Effekt: Auch ungestümes Herumblättern durch unvorsichtige (Kinder-)Hände sollte problemlos möglich sein.

Pro/Contra

Pro
  • Interessante Variationen bekannter Motive
  • Viel Humor
  • Hohes Erzähltempo
  • Wunderschöne Zeichnungen
Contra
  • Nicht jeder Gedanke wurde zu Ende geführt

Fazit


Aya und die Hexe von Diana Wynne Jones stellt nicht nur für Kindern eine humorvolle und fantasievolle kurzweilige Lektüre dar. Für junge und jung gebliebene Leser!

autorin: Diana Wynne Jones

Titel: Aya und die Hexe

Seiten: 109

Erscheinungsdatum: 2022 (2011)

Verlag: Knaur Verlag

ISBN: 9783426227701

übersetzer: Oliver Plaschka

illustratorin: Miho Satake

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